Beitrag 26 – Die Geschichte stottert oder wiederholt sich

Dies ist eine Beitragsserie über das Buch „Commons: Für eine neue Politik jenseits von Markt und Staat“, das in 90 Beiträgen verschiedene Aspekte der „Commons“ beleuchtet. Jeder Beitrag wird kurz von mir zusammengefasst. Falls passend, werde ich eine „Moral“ oder ein „Fazit“ ziehen und Gedanken und Fragen zur Diskussion stellen.
Alle Beiträge zu diesem Buch sind mit dem tag „Commons-PMS“ gekennzeichnet und mit diesem erreichbar. Sie stehen unter der Lizenz CC-by-sa. Das Buch kann man auch unter dem Punkt „Open Access“ beim Verlag herunterladen.

Die modernen Technologien sind für die Commons eine zweischneidige Sache. Zum einen wurde ein neuer gemeinsamer Raum geschaffen – die virtuelle Welt. Auf der anderen Seite verstärken sie die Aneignung der Gemeinressourcen, wie zum Beispiel bei Lebewesen und der Biosphäre.
Denn die kollektiven Ressourcen sind von vielen Seiten der Bedrohung ausgesetzt. Nicht nur Genpatente bedrohen den Commons-Pool, auch die Computersphäre unserer Gesellschaft ist unter ähnlichen Angriffen.

Für die Commons gibt es drei Herausforderungen: Bedrohung direkt gegen die Gemeinressourcen, die Korrumpierung von Gemeinschaften und schließlich destruktive Prozesse, die das gemeinschaftliche Handeln unterbinden.
Durch Verschmutzung, Übernutzung oder Unternutzung werden Gemeinressourcen beschädigt. Trittbrettfahrer nutzen Gemeinressourcen gern, ohne sich für ihren Erhalt einzusetzen. Vandalismus bindet Energie, die nicht in die Verbesserung der Gemeinressourcen gesteckt werden kann und unterminiert das Vertrauen der Allgemeinheit.
Wer die Gemeinschaften angreift, geht oft schlicht mit Gewalt vor. Das bekannteste Beispiel sind die gewaltsamen Enteignungen der Ölindustrie und ihr Vordringen in anfällige Ökosysteme. Oft zerstört diese Industrie auch zahllose Lebensgrundlagen Unbeteiligter. Ein anderes Beispiel ist die so genannte Biopiraterie. Hier wird altes Wissen über medizinische Pflanzen an Konzerne verhökert, die den traditionellen Gemeinschaften wenig oder gar nichts zurückgeben. Und wenn, dann gern auch so, dass interne Konflikte entstehen.
Verbreitet ist auch, wichtige Personen zu kaufen oder so zu beeinflussen, dass sie nicht mehr an der Gemeinschaft mitwirken. Gesetze können entstehen, die die globale Gemeinschaft beeinträchtigen und die internen Regeln, nach denen sie handelt, obsolet machen.

Die Bedrohungen kommen also aus drei Richtungen: dem Recht, der technologischen Entwicklung und den ökonomischen Interessen. Die Einhegung wird von externen Faktoren vorangetrieben. In diesem Sinne sind die Regelungen zum „Geistigen Eigentum“ auch nur neue Kolonialgesetze.
Ähnlich fungiert DRM. Hier wird der Benutzer überwacht und in seinen Nutzungsmöglichkeiten eingeschränkt. Nicht mehr Gerichte oder soziale Übereinkünfte entscheiden über den Zugang, sondern die fremd kontrollierte Technik. Auch bei Pflanzen finden sich solche Restriktionstechnologien. Sie verhindern die natürliche Reproduktion der Pflanzen und binden Saatgut und Chemieprodukte aneinander und an einen Hersteller. Dies wird die Vielfalt der Kulturpflanzen radikal verringern und bietet eine Angriffsfläche für militärische Anwendungen. Zudem bereiten solche Vorgehensweisen den Nährboden für die Zerstörung von traditionellen, gewachsenen sozialen Infrastrukturen.

Die Formen der Einhegung sind subtiler geworden, die Technologie hat den Stacheldraht ersetzt. Die Logik der Zerstörung von Gemeinschaften und der Einhegung des Commoning ist aber immer noch die gleiche.

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Viele Probleme in der Welt werden durch undurchsichtige Seilschaften begünstigt. Deshalb setzen sich die Piraten für Transparenz ein. Nachvollziehbare Entscheidungswege und -Gründe sind die Grundlage einer jeden demokratischen Kontrolle. Doch diese Grundlage allein reicht selbstverständlich nicht aus. Es braucht engagierte Vertreter der Allgemeinheit. Doch zunehmend resignieren diese engagierten Menschen, denn „technische“ Mittel wie DRM und Genpatente sind eine beinahe unangreifbare Mauer zwischen diesen Menschen und den Verantwortlichen. Selbst wer moralisch und aufgrund eines althergebrachten Gesetzes im Recht ist, wird zum Verbrecher, wenn er zur Wahrung seiner Interessen und Rechte diese Mauer erklimmen muss.
Das ist kein Zufall. Alle diese Instrumente sind erfunden worden, um andere Beteiligte auszuschließen, zum Zwecke der Profitmaximierung eines Unternehmens. Doch bei Maximierung auf der einen Seite muss zwangsläufig die andere leiden. Artikel 14 Abs. 2 des Grundgesetzes, dass der Gebrauch des Eigentums zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen soll, wird ad absurdum geführt, wenn der Gebrauch künstlich einschränkt wird.

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