So lautet der Titel in der MZ über einer Dreiviertelseite über Jugendpartys in Halle. Ich möchte hier nicht Argumente kauen oder dezent darauf hinweisen, dass ich als Anwohner in eine eigentlich ruhigen Ecke durch mehrere Faktoren auch jede Menge Krach habe, ohne deswegen die Schule zu bemeckern oder den Krankenwagen verbieten zu wollen, direkt vor meinem Fenster die Sirene einzuschalten (ja, man KANN dadurch aus dem Bett fallen!)… aber ich möchte mal auf zwei der Dinge auf dieser MZ-Seite eingehen.
Da wäre zuerst die schöne Auflage für diese Feste: „keine Werbung über soziale Netzwerke“. Hmm. Was ist ein soziales Netzwerk?
Dazu die Wikipedia:
1. Soziale Netzwerke sind in der Soziologie Netzwerke, mit denen gegebene Interaktionsgeflechte, beispielsweise Bekanntschaftsnetzwerke, abgebildet werden. – Eine Party mit Freunden, ohne Freunden was zu sagen? Klingt selbst für Politiker etwas weit hergeholt.
2. Ein Soziales Netzwerk in der Betriebswirtschaftslehre ist eine gezielte, gewollt lose Form der Organisiertheit in Form von zielbezogenen Organisationen, informellen Zusammenschlüssen und Verbänden oder einzelner Menschen, die durch das Netzwerk einen Vorteil erfahren oder sich erhoffen. – Genau das sind die Partys. Ergibt noch weniger Sinn.
3. Soziale Netzwerke im Internet sind Netzgemeinschaften bzw. Webanwendungen, die Netzgemeinschaften beherbergen. Handelt es sich um Netzwerke, bei denen die Benutzer gemeinsam eigene Inhalte erstellen (User Generated Content), bezeichnet man diese auch als soziale Medien. – Ich glaube, hier haben wir, was gemeint ist. Der Teil, der laut Definition der WP ein „Soziales Medium“ ist. Nun, es ist sicher nicht schwer vorzustellen, dass ein Medium leicht durch ein anderes ersetzt werden kann. Falls mit dieser Aussage der Stadt Halle also z.B. Facebook gemeint ist – kein Problem. Dann wird in Facebook eben Werbung für ein Blog gemacht, in dem die Partytermine bekannt gegeben werden. Ein Blog ist ein One-to-many-Medium und damit erlaubt.
Dann sind die Partys nur noch jung und spontan, aber nicht mehr illegal 😀
Auf jeden Fall klingt das für mich wie die Argumentation“logik“: Solange Kinder die Waffen ihrer Eltern aus dem heimischen Schrank nehmen und damit jemanden abknallen und vorher einen Brief an eine Zeitung schicken, ist das tragisch, aber unumgänglich, kommt der Brief über Facebook, ist das Internet SCHULD!
Zweitends hat mich noch dieser Satz fasziniert:
„Auch auf Gleichbehandlung und fairen Wettbewerb will die Stadt ein Auge behalten. Im Moment sind die Partybetreiber im Vorteil gegenüber Gastronomen, die Gebühren und Steuern zahlen, Schankgenehmigungen haben, denen aber Gäste wegaufen zu den Kostenlos-Events mit eigenen oder Billig-Getränken.“
Was soll ich dazu sagen? Pech gehabt? Marktwirtschaft? Im Grunde sagt die Stadt hier, dass Menschen den öffentlichen Raum ihrer Stadt nicht nutzen sollen, weil damit ein privatwirtschaftliches Geschäftsmodell beeinträchtigt wird.
Vielleicht bin ich ja etwas übersensibel als Pirat in solchen Dingen, aber das kenne ich schon von diversen Rechteverwertern.
Der Nachteil von Gastronomen ist übrigens, dass sie immer am selben Ort sind und deshalb immer die gleichen Leute unter den Partys zu leiden haben. Auch das kenne ich persönlich.
Aber denken wir das Argument etwas weiter: Wenn es um die Gastronomen geht, die so viel Ausgaben haben und Gäste an „Billigpartys“ verlieren, dann müssten folgerichtig alle Billigpartys verboten werden, nicht nur die, die im Freien sind. Auch die in den heimischen vier Wänden. Da kostet das Besäufnis (zumindest den Gästen) manchmal gar nichts! Das ist noch viel schlimmer!!
Die jungen Leute nutzen den öffentlichen Raum ihrer Stadt für etwas gemeinschaftliches. Darüber sollte man sich doch eigentlich freuen. Unsere Gesellschaft ist (was man nicht nur am wilden Zaunwachstum gesehen hat) in den letzten 20 Jahren ohnehin auf der Straße viel verschlossener geworden.
Letztendlich ist das eine uralte Diskussion, bei der es schon seit 2000 Jahren keine neuen Argumente (außer Lautsprechern) gibt. Sich deshalb welche aus den Fingern zu saugen, hilft auch nicht weiter. Die Jugend macht eh Party, wenn sie will. Wenn Sokrates dieses Wort schon gekannt hätte, hätte er es sicherlich auch benutzt.
Die Jugend liebt heutzutage den Luxus. Sie hat schlechte Manieren, verachtet die Autorität, hat keinen Respekt vor den älteren Leuten und schwatzt, wo sie arbeiten sollte. Die Jungen stehen nicht mehr auf, wenn ältere das Zimmer betreten. Sie wiedersprechen ihren Eltern, verschlingen bei Tisch die Süßspeisen, legen die Beine übereinander und tyrannisieren ihre Lehrer. – Sokrates (470-399 v.Chr.)